#32 Fit im Alltag: Ganz einfach mehr bewegen.
Shownotes
Job, Haushalt, Verpflichtungen – da bleibt oft kaum Zeit für Bewegung. Doch gerade die ist entscheidend für unsere Gesundheit. Moderator Martin Hoffmann spricht in dieser Folge mit Sportwissenschaftler Prof. Dr. Urs Granacher von der Universität Freiburg darüber, wie viel körperliche Aktivität wir wirklich brauchen. Anschließend trifft er in Stuttgart den Sportwissenschaftler Alexander Kölle von der AOK Baden-Württemberg. Er zeigt, wie sich Aktivität unkompliziert in den Alltag einbauen lässt und welche Fitnessprogramme die AOK ihren Mitgliedern bietet.
Links zum Thema: Weitere Informationen zu Prof. Dr. Urs Granacher und seinen Publikationen findet ihr auf der Website der Universität Freiburg: https://www.sport.uni-freiburg.de/de/institut/mitarbeitende/granacher-urs/urs-granacher
Warum es besonders wichtig ist, bereits Kinder für Sport und Bewegung zu begeistern, erklärt Prof. Dr. Urs Granacher in diesem Video der AOK: https://www.youtube.com/watch?v=YQQ_Q76hyf0
Was 21 Minuten Bewegung pro Tag bereits für einen Unterschied machen können, lest ihr in diesem AOK-Artikel: https://www.aok.de/pk/thema/21-minuten/
Welche Bewegungskurse die AOK Baden-Württemberg in eurer Nähe anbietet, findet ihr superschnell auf der Kurs-Website: https://www.aok.de/pk/gesundheitskurse/bewegung/
Sich bewegen und nebenbei neue Leute kennenlernen? Dann seid ihr bei den AOK-SportTreffs in Baden-Württemberg genau richtig! Weitere Infos erhaltet ihr hier: https://www.aok.de/pk/bw/sporttreffs/
In diesem Artikel des Deutschen Ärzteblatts findet ihr kompakt zusammengefasste Infos zur Bewegungsempfehlung der WHO: https://www.aerzteblatt.de/news/who-gibt-neue-aktivitaetsempfehlungen-heraus-fuer-die-gesundheit-zaehlt-jede-bewegung-35fe8935-43d0-4130-b000-ae2f7994608e
Ihr wollt tiefer in die Bewegungsmaterie eintauchen? Dann werdet ihr auf der Seite des Robert Koch Instituts fündig: https://www.rki.de/DE/Themen/Nichtuebertragbare-Krankheiten/Lebensweise-und-Gesundheit/Aktivitaet/aktivitaet-node.html
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Transkript anzeigen
Intro: Unterwegs für die Gesundheit. GESUNDNAH – der Podcast der AOK Baden-Württemberg.
Martin Hoffmann: Wie viele Stunden habt ihr heute sitzend verbracht? Also beim Frühstück, in der Bahn, im Auto, bei der Arbeit, beim Mittagessen und so weiter. Da kommt einiges zusammen, oder? Klar, wir arbeiten einfach viel vor Bildschirmen und da sitzen wir halt meistens. Die Deutsche Sporthochschule hat in einer Studie herausgefunden, dass es durchschnittlich 9,2 Stunden pro Tag sind. 18- bis 29-Jährige sitzen sogar über 10 Stunden. Da bleibt wirklich nicht mehr viel Zeit für Bewegung und Sport. Und genau das wird immer mehr zum Problem. Ich bin Martin Hoffmann und heute reden wir über fehlende Bewegung im Alltag und wie wir es schaffen, trotz Stress ein paar extra Schritte mehr zu laufen. Die Folgen von sitzender Lethargie sind nämlich klar. Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Rückenprobleme lassen nicht lange auf sich warten. Kennt ihr eigentlich diese ominöse 10.000-Schritte-Regel? Sie gibt angeblich vor, wie viele Schritte pro Tag genügen, um sich ausreichend zu bewegen. Die Regel hat ihren Ursprung in Japan, und zwar als reiner Marketing-Gag. Zu den Olympischen Spielen in Tokio 1964 hat die Firma Yamasa den ersten tragbaren Schrittzähler rausgebracht. Der hieß Manpokai, was sehr kreativ auf Deutsch einfach nur 10.000 Schrittezähler bedeutet. Diese Zahl wurde übrigens nicht wissenschaftlich begründet, sondern diente als reine Werbung für das Produkt und suggerierte so, dass diese Schrittanzahl für einen gesunden Lebensstil ausreichend sei. Ob jetzt 10.000 Schritte am Tag der Maßstab sind oder nicht, sei mal dahingestellt, die meisten von uns erreichen den sowieso nicht. Und gerade im mittleren Alter wird es immer schwerer sich zu motivieren. Woran das liegt und wie man den inneren Schweinehund besiegen kann, bespreche ich mit Alexander Kölle. Er ist Diplom-Sportwissenschaftler und arbeitet seit mehr als 20 Jahren bei der AOK im Bereich Prävention. Vorher geht es für mich aber nach Freiburg. Hier bin ich mit Professor Dr. Urs Granacher verabredet. Er leitet die Trainings- und Bewegungswissenschaften an der Universität Freiburg. Mit ihm will ich auch über das Thema Motivation sprechen. Außerdem interessiert mich, wie viel Bewegung sinnvoll ist und ob es auch ein zu viel gibt. Und ich bin bei meiner Recherche immer wieder über den Begriff Weekend Warrior gestoßen. Über das Konzept müssen wir auch reden. So, ich bin jetzt gerade in Freiburg angekommen. Auto ist geparkt direkt am sportwissenschaftlichen Institut. Ich muss sagen, es ist einfach wirklich schön hier direkt an der Dreisam, mitten im Schwarzwald und jetzt nach über zwei Stunden Autofahrt, natürlich sitzend, tut mir so ein bisschen Bewegung auch recht gut. Professor Granacher hat gesagt, ich soll einfach in sein Büro kommen, oben im dritten Stock im Verwaltungsgebäude. So, ich bin jetzt im dritten Stockwerk angekommen, muss jetzt mal gucken, wo ich hinkomme, bin natürlich die Treppe hochgelaufen, so wie es sich für das Thema gehört. Jetzt muss ich kurz schauen, Zimmer 003, hier hinten sehe ich es, Professor Granacher, da ist es.
Prof. Dr. Urs Granacher: Hallo Herr Hoffmann, schön, dass Sie da sind. Herzlich willkommen beim Sportinstitut.
Martin Hoffmann: Herr Granacher, wie sieht es denn aus mit den aktuellen Bewegungsempfehlungen, zum Beispiel von der Weltgesundheitsorganisation oder vom Robert Koch-Institut?
Prof. Dr. Urs Granacher: Die Weltgesundheitsorganisation hat in 2020 die Bewegungsempfehlung revidiert, hat sie neu geupdatet sozusagen und empfiehlt in der Zwischenzeit 150 bis 300 Minuten körperliche Aktivität pro Woche bei moderater Intensität für Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren. Robert-Koch-Institut hat sich dem angeschlossen, es gibt kleine Unterschiede zwischen Robert-Koch-Institut und den WHO-Empfehlung im Bezug auf Kinder, da empfiehlt WHO 60 Minuten mindestens pro Tag, nicht pro Woche, und RKI 90 Minuten pro Tag.
Martin Hoffmann: Was ist moderate Bewegung genau.
Prof. Dr. Urs Granacher: Bei moderater Bewegungsintensität können Sie sich noch gut nebenher unterhalten mit Ihrem Partner. Das ist die einfachste Abschätzung, wie man das durchführen kann. Eine hohe Intensität ist, da fällt das Unterhalten mit Ihrem Trainingspartner, Trainingspartnerin schon schwer.
Martin Hoffmann: Wie sieht es aus, wenn man sich die deutsche Bevölkerung mal anschaut? Eher so Daumen hoch oder Daumen runter, was diese Empfehlung angeht.
Prof. Dr. Urs Granacher: Ja, leider muss man sagen, Daumen runter. Wir haben ein hohes Maß an körperlicher Inaktivität in Deutschland. Das ist aber nicht nur ein deutsches Phänomen, das ist ein globales Phänomen. Die WHO spricht deswegen auch von der Pandemie in Bezug auf die körperliche Inaktivität mit allen Folgeerkrankungen, die da dranhängen, beispielsweise Diabetes Typ 2, Übergewicht, Adipositas. In Deutschland haben wir Zahlen vom RKI vorliegen, die besagen, dass im Altersbereich der Erwachsenen von 18 bis 64 Jahren nur 26 Prozent die WHO-Empfehlung erfüllt. Wir sehen da noch zwei zusätzliche moderierende Effekte. Das ist einerseits das Alter, das heißt die jüngeren Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren, die haben höheres Maß an körperliche Aktivität. Dann je älter die Personen werden, desto geringer die körperliche Aktivität, bei den 80-Jährigen geht das runter auf 10 Prozent sogar, die noch diesen Erfüllungsgrad haben, das ist also fast gar nichts mehr, aber gerade im Alter müssen wir uns weiter bewegen, um mobil zu bleiben. Wir haben einen Bildungseffekt, mit anderen Worten, Personen mit niedrigem Bildungsgrad bewegen sich weniger als Personen mit hohem Bildungsgrat. Und wir haben einen Geschlechtseffek, der ist nicht besonders stark ausgeprägt, aber dennoch sehen wir, dass Frauen sich über alle Altersgruppen hinweg etwas weniger Bewegen als Männer, so 5% Unterschied, kann man da festhalten.
Martin Hoffmann: Aus medizinischer Sicht mal geschaut, was passiert denn da im Körper, wenn ich mich regelmäßig bewege, auch moderat, auch wenn es nur spazieren gehen ist zum Beispiel.
Prof. Dr. Urs Granacher: Das Spazierengehen, das hat auf jeden Fall einen gesundheitsfördernden Effekt. Wir wissen eben beispielsweise, dass sich die Mortalitätsraten signifikant reduzieren lassen durch die Erfüllung dieser WHO-Empfehlung. 150 bis 300 Minuten, da haben Sie so eine Reduktion von circa 30 Prozent Mortalität. Wenn Sie das regelmäßig machen, dauerhaft machen... Wenn Sie in einem niedrigen intensiven Bereich sich allerdings bewegen, dann muss man dazu sagen, dass Sie kaum einen Effekt feststellen werden auf die körperliche Fitness. Also Ihre Ausdauer, Ihre Kraft, Ihre Beweglichkeit, Ihre Schnelligkeit, das wird sich dadurch kaum verändern lassen, weil dadurch das Intensitätsniveau dann letztlich zu gering ist. Aber diese körperlichen Fitness ist auch ein aussagekräftiger Indikator dann für Mortalität und Morbidität. Das bedeutet, wir sollten nicht nur uns in diesem niedrig intensiven Bereich bewegen, sondern eben auch zumindest ein, zwei Mal pro Woche höher intensive Einheiten mit einbauen und dann spricht man eben nicht mehr von körperlicher Aktivität, sondern dann ist es Training.
Martin Hoffmann: Gibt es da Empfehlungen auch einmal pro Woche zum Beispiel jetzt, ich sage es mal, dann Training zu machen, also dass der Körper mehr ins Arbeiten kommt? Das kommt dann alles noch on top, obendrauf nehme ich an, oder? Oder ist das schon in diese moderate Bewegung mit eingerechnet?
Prof. Dr. Urs Granacher: Ja, die WHO empfiehlt da das Kraft- und Ausdauertraining, aber in der umgekehrten Reihenfolge primär Ausdauer-Training, danach geordnet Krafttraining, die primäre Aktivität in den 150 bis 300 Minuten soll der Ausdaur dominant sein für 18 bis 64-Jährige, zudem wird zweimal pro Woche Krafttraining für die großen Muskelgruppen empfohlen. Das Ausdautraining wie gesagt 150 bis 300 Minuten, moderate Intensität. Das ist eher der stramme Spaziergang, den man durchführt oder dann eben 75 Minuten pro Woche bei hoher Intensität. Und das wäre dann schon eher das Joggen oder zumindest das Nordic Walking, damit ich einen höheren muskulären Anteil habe. Und das Krafttraining, das sollte an Maschinen oder Freihanteln oder auch mit der eigenen Körpermasse, aber zusätzlich zweimal pro Woche durchgeführt werden. Insbesondere wird es auch empfohlen dann für die älteren Personen ab dem 65. Lebensjahr, da bekommt das Krafttraining zum Erhalt der Mobilität und zum Erhalt der Muskelmasse das ganz wichtiges, stoffwechselndes Organ, nochmal eine ganz besondere Bedeutung.
Martin Hoffmann: Gibt's denn gezielt Gründe, die besagen, naja, deswegen ist das so, also deswegen bewegen wir uns so wenig.
Prof. Dr. Urs Granacher: Homeoffice ist spätestens seit Covid ein Trend gewesen, der immer mehr zunimmt. Wenn man es im Bezug auf die körperliche Aktivität betrachtet, dann ist es eher negativ. Die Studien, die vorliegen, das sind ja auch nicht so viele, aber gerade ganz aktuell, aus Japan aus 2024 in einer bekannten medizinischen Fachzeitschrift publizierte Daten, die sagen, dass Personen, die sich im Homeoffic befinden, deutlich weniger bewegen, als Personen, die eben ins Büro gehen. Das hat natürlich in erster Linie auch schon alleine damit etwas zu tun, dass man sich in das Büro hinbewegen muss, dass man sich im Büro selbst natürlich wiederum bewegt zu Meetings.
Martin Hoffmann: Ich hab da jetzt immer wieder solche Laufpads gesehen, die man so unterm.... Sie haben ja auch einen Schreibtisch, den man hochfahren kann, Laufpad drunter und dann kriegen viele ihre Schritte irgendwie doch über den Tag zusammen. Ist sowas zu empfehlen oder eher nicht so?
Prof. Dr. Urs Granacher: Jede Form der Bewegung ist besser als keine Form der Bewegung. Und höhenverstellbare Pults, die sind auf jeden Fall schon mal sehr hilfreich, dass man eben nicht nur sitzt, sondern eben auch steht dazwischen. Das kann man dann beispielsweise auch noch mit instabilen Unterlagen kombinieren. Indem ich das tue, habe ich eine verstärkte Muskelpumpe, schule noch gleichzeitig das Gleichgewicht. Das sind kleine Elemente, wie man die Bewegung in den Alltag sinnvoll integrieren kann. Das ist immer besser als nichts zu tun. Darüber hinaus sind natürlich aber auch am Arbeitsplatz bewegungsfördernde Maßnahmen ganz hilfreich, auch motivierend für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Betrieben. Und dort zeigt sich auch in der Literatur, dass zumindest moderate Trainingseffekte erzielt werden können durch betriebliche Gesundheitsförderungsprogramme, die am Arbeitsplatz stattfinden.
Martin Hoffmann: Wie motivieren Sie sich zum Sport, zur Bewegung? Weil, ich meine, Sie sind fit, das sieht man. Also, wie machen Sie das denn?
Prof. Dr. Urs Granacher: Na ja, ich versuche vor allen Dingen auch diese WHO-Bewegungsempfehlung umzusetzen. Früher als Leistungssportler war natürlich deutlich mehr noch das Maß der Dinge. Heute ist das beruflich nicht mehr möglich.
Martin Hoffmann: Aber kommen Sie an die 300 oder an die 150 ran? Wo sind sie da eher?
Prof. Dr. Urs Granacher: Ich versuch schon eher in Richtung 300 zu gehen, aber eben früher war es primär Training, sportliches Training mit hohen Intensitäten, mehrfach die Woche ausgeübt. Heute ist es dann eben eher der Spaziergang oder auch mal das Radfahren zur Arbeit hin und zurück oder der zusätzliche Gang, dass ich früher aus der S-Bahn aussteige und dann eben noch mal ein paar Schritte zusätzlich zum Meeting mache. Das sind Kleinigkeiten oder beispielsweise verwende ich keine Aufzüge, keine Rolltreppen, sondern nehme immer die Treppen grundsätzlich. So versuche ich Bewegung in meinen Arbeitsalltag zu integrieren, damit ich einen Höchstmaß an Bewegung während der Woche habe und dann würde ich mich selbst noch als sogenannter Weekend Warrior bezeichnen. Das bedeutet, dass ich diese eher intensiven Einheiten dann versuche, am Wochenende durchzuführen. Das ist Ausdauer betont, Kraft betont. Das sind eben dann eher die sportlichen Einheiten, die dazugehören. Und da gibt es auch eine interessante Befundlage, die sich das mal angeschaut hat, ob es einen Unterschied macht, wenn Personen stark beruflich eingebunden sind und dann vor allen Dingen diese sportliche Aktivität am Wochenende durchführen im Vergleich zu Personen, die unter der Woche regelmäßig ihrem Sport nachkommen. Da hat sich gezeigt, dass die Personen, die eben als Weekend Warrior bezeichnet werden, einen ähnlichen Effekt erzielen könnten auf die Mortalitätsrate, also einen reduzierenden Effekt, einen positiveng gesundheitsfördernden Effekt im Vergleich zu denjenigen, die den Sport regelmäßig durchführen. Und das finde ich eigentlich einen guten Tipp für Personen, die sehr stark beruflich eingebunden sind, unter der Woche alles zu nutzen, wo man irgendwie körperliche Aktivität in den Alltag integrieren kann, sei es die Treppe, sei es zusätzliche Stationen, die man früher aussteigt und dann eben zu Fuß geht, und dann am Wochenende noch mal zusätzlich ein, zwei intensivere Trainingseinheiten einbaut und dabei primär auf Ausdauer und Kraft sich orientiert.
Martin Hoffmann: Was würden Sie denn jemandem empfehlen, der sagt, naja, okay, oder die sagt, ich würde gerne morgen anfangen. Ich gehöre zu den so roundabout 80 Prozent, die sich deutlich zu wenig bewegen. Ich will damit starten. Was raten Sie solchen Leuten? Wie starten die am besten?
Prof. Dr. Urs Granacher: Klein anfangen. Ich würde auf jeden Fall damit beginnen, möglichst viel Bewegung in den Alltag zu integrieren. Das kostet gar nichts, außer vielleicht ein bisschen mehr Zeit. Aber ansonsten, das ist schon mal ein ganz hilfreiches Element. Und dann würde ich mir das Training von Fachmännern, Fachfrauen anleiten lassen. In ein Fitnessstudio gehen, dort einen Trainingsplan machen lassen, um dann gezielt das Training durchführen zu können. Das angeleitet durchführt zu können, aber auch nicht zu hoch anzusetzen. Die Ziele sollten erstmal kleingesetzt werden mit einer Einheit pro Woche und das ist der Vorteil, dass Anfänger bereits von einer Einigkeit pro Woche sehr gut profitieren, das ist bei Fortgeschritten nicht mehr so. Wir sprechen da von sogenannten Law of Diminishing Return, das bedeutet, die Anpassungsreserve durch Training wird immer geringer, je höher mein Fitnesszustand ist. Das sehen wir bei Spitzensportlern auch, heißt aber umgekehrt für diejenigen, die gerade neu beginnen, die sich bislang fast gar nicht bewegt haben, die können am meisten profitieren, wenn sie loslegen mit Sport und da aber klein anfangen. Eine Einheit pro Woche, sich am besten im Team mit Partner, Partnerin oder Freund, Freundin dann verabreden zum Laufen oder zum Krafttraining und das dann kontinuierlich steigern. Nach zwei, drei, vier, fünf Wochen vielleicht auf zwei Einheiten pro Woche dann mal steigert. Die Distanzen auch steigern beim Laufen oder dann irgendwann auch die Lasten beim Krafttraining steigern. Progression ist ein weiteres wichtiges Trainingsprinzip. Der Körper ist faul, der braucht immer wieder einen neuen Reiz, um sich neu anpassen zu können. Das bedeutet, dass wir während des Trainings über die Zeit immer neue Stimuli setzen müssen, über die Intensität, aber auch über die Variation der Trainingsübungen.
Martin Hoffmann: Das heißt, wenn man irgendwann mal so sein, ich sage es mal, beim Laufen sein Wohlfühltempo erreicht hat, dann kann man dabei eigentlich nicht bleiben, sonst stagniert es oder geht es sogar wieder ein bisschen bergab quasi mit der eigenen Fitness.
Prof. Dr. Urs Granacher: Exakt. Das sind die Deckeneffekte, die man dann erreicht. Wenn man immer dieselbe Laufstrecke beim selben Tempo hat, dann wird man nicht schlechter, aber man wird auch nicht mehr besser. Man bleibt dann auf einem Niveau. Und dieses Stereotyp muss dann wiederum durchbrochen werden, indem man zum Beispiel mal Intervallläufe macht dazwischen, indem ich höhere Tempi habe, über kürzere Strecken hinweg, um dann eben wiederum neuen Stimulus für meinen Körper zu setzen, dass er sich daran wieder anpassen kann.
Martin Hoffmann: Wann muss man denn eigentlich ansetzen, um Verhalten nachhaltig so zu verändern oder Verhaltensmuster aufzubauen, dass man eben gar nicht in dieses große Motivationsloch so im mittleren Alter reinrutscht, wo man sagt, naja, okay Bewegung eher nicht so. Also wann muss man da ansetzen, um das um das hinzukriegen?
Prof. Dr. Urs Granacher: Die Kindheit und Jugend, das ist schon in der Zwischenzeit in der fachwissenschaftlichen Literatur relativ klar, dass da Verhaltensdispositionen noch sehr flexibel sind, das heißt wir können Verhalten verändern, dauerhaft verändern. Es gibt auch sogenannte Lenkschnittdaten die Tracking-Effekte berichten. Mit anderen Worten, wir wissen, dass ein körperlich aktives Kind mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auch ein Körperlich aktiver Erwachsener wird und umgekehrt aber leider auch ein körperlichen inaktives Kind, mit hoher Wahrscheinlichheit, körperliche inaktive Erwachsener. Das bedeutet, der Erfolg von Bewegungsförderungsmaßnahmen in der Kindheit, der ist in der Regel größer als bei Erwachsene, weil es dort schwerer fällt, schon robuste Verhaltensdisposition noch mal aufzubrechen und den Alltag zu verändern. Und das ist ja eine massive Veränderung des Alltags, weil sie das regelmäßig machen müssen, körperliche Aktivität, und wenn sie das bislang ihr ganzes Leben nicht gemacht haben, dann ist es schwer, dann sind es eben häufig nur die Neujahrsansätze, die danach im März schon wieder nicht mehr gelten. Vor allem im Hintergrund versucht man in der Wissenschaft vor allen Dingen auch bei den Kindern anzusetzen, um dort möglichst aktive Kinder heranzuziehen. Weil sie dann auch einen lebenslangen positiven Effekt von der körperlichen Aktivität mitnehmen können.
Martin Hoffmann: Wie macht man das am besten? Also Sportverein und wahrscheinlich auch Vorleben?
Prof. Dr. Urs Granacher: In frühen Jahren sind es auf jeden Fall die Eltern. Wenn aus den Kindern dann Adolescente wird, dann ist die Peer Group insbesondere. Da ist es dann eher der Sportverein, der wiederum eine Rolle spielt. Im Moment sind ja die Zahlen ganz gut in Deutschland, dass mehr Kinder jetzt auch nach Covid wieder in die Sportvereine hineingehen, um da organisiert Sport zu treiben. Auf der anderen Seite besteht natürlich die Maßnahme oder die Möglichkeit, immer im sogenannten Setting-Ansatz zu intervenieren. Das heißt ich gehe in die Lebenswelt der Menschen hinein, der Kinder. Das wäre die Kindertagesstätte. Teilweise auch schon im Vorschulalter versucht man dort Bewegungsförderungsprogramme zu installieren. Auch erfolgreich, bereits ab dem fünften Lebensjahr und jünger. In der Schule ein wichtiges Element, der Sportunterricht. Das ist eigentlich zu wenig mit zwei bis drei Stunden pro Woche.
Martin Hoffmann: Und fällt auch gerade immer wieder aus, immer häufiger.
Prof. Dr. Urs Granacher: Auch das, das sollte eigentlich die tägliche Sportstunde sein, zumal wir wissen, gerade bei Kindern gehen motorische und kognitive Entwicklungen miteinander einher. Das bedeutet, dass wir dadurch auch mit weniger akademischer Lernzeit nicht zwingend auch Lernstoff verlieren, sondern der Sport kann hier eine Möglichkeit darstellen, um eben die Kinder holistisch, ganzheitlich zu entwickeln. Da sollte die tägliche Sportstunde, die würde schon mal sehr viel ausmachen, um diese Entwicklung zu fördern bei den Kindern.
Martin Hoffmann: Ich gucke jetzt gerade auf die Uhr. Wir haben jetzt gleich 12 Uhr, ungefähr. Wie viele Schritte haben Sie heute schon gemacht?
Prof. Dr. Urs Granacher: Ja, heute war ich noch nicht so erfolgreich. Ich bin auch mit dem Fahrrad hierher gefahren. Das bedeutet, ich habe glaube 5 oder 6 Kilometer Fahrrad hinter mir und 2000 Schritte.
Martin Hoffmann: Und hoch in den dritten Stock ohne Aufzug ist ja auch schon mal.
Prof. Dr. Urs Granacher: Richtig. Das ist der Vorteil hier. Wir haben keinen Aufzug. Das bedeutet, wir müssten die Stufen dann regelmäßig gehen. Wenn man noch einen kleinen Krafttrainingsreiz setzen möchte, das mache ich das öfter, dann nehme ich eben zwei Stufen auf einmal. Und dadurch wird es ein bisschen anspruchsvoller für die Muskulatur. Und so kann man das ja schön in den Alltag integrieren.
Martin Hoffmann: Und wenn mal Zeitdruck ist, kann man auch einen kleinen Treppensprint noch rein machen. Und dann ist die Intensität noch mal ein Stückchen höher. Herr Granacher, vielen, vielen Dank. Extrem spannend, viel gelernt. Dankeschön.
Prof. Dr. Urs Granacher: Sehr gerne.
00:19:36: Wie Professor Granacher sagt, es ist einfach unglaublich wichtig, Kinder an Bewegung und Sport heranzuführen. So kann ein Motivationsloch im mittleren Alter eher verhindert werden. Sport und Bewegung, die gehören nämlich dann einfach zum Lebensstil dazu mit all den positiven Nebeneffekten. Für mich geht's jetzt weiter nach Stuttgart und hier bin ich mit Alexander Kölle verabredet. Er arbeitet bei der AOK im Bereich Prävention. Außerdem ist er in seiner Freizeit D-Jugend-Fußball-Trainer und versucht den Kindern und Jugendlichen Spaß an der Bewegung zu vermitteln. Das passt also perfekt zum Ansatz, den wir gerade gehört haben. Ich stehe jetzt gerade vor der Hauptverwaltung von der AOK im Stuttgarter Norden und hier bin ich mit Alexander Kölle verabredet. Ich gehe jetzt mal schon mal direkt rein, kurz mal auf die Uhr nochmal. 15 Uhr ist der Termin, das sollte... Ja das passt jetzt eigentlich. Ich glaube, er wartet schon auf mich. Da vorne ist er. Hallo Alex, hallo.
Alexnader Kölle: Servus, Martin.
Martin Hoffmann: Alex, sag mal, warum fällt es Menschen, ich sag jetzt mal so gerade in der Lebensmitte, so schwer, sich regelmäßig zu bewegen?
Alexnader Kölle: Es ist tatsächlich so, dass man für viele Dinge weniger Zeit hat, wie vorher und man muss sich einfach nehmen die Zeit, man muss aktiv planen und ich glaube, das ist was, wo uns oft sehr, sehr schwer fällt, weil man gerne spontan ist, gerne spontan was erledigt und je weniger Zeit man einfach für sich selber hat, desto mehr muss man sich aktiv in den Kalender planen. Es greifen immer mehr Leute auf einen zu, die Freunde, die Frau, die Freundin, der Freund. Die Arbeit, alle greifen auf einen zu und auf die Zeit und dementsprechend muss man auch Zeit für sich aktiv, für sein Sporttreiben planen. Und vielleicht noch ein Punkt, was natürlich schon hilft, ist, wenn man in der sozialen Gemeinschaft aktiv ist, also klassisch Sportverein, in der Mannschaft aktiv ist. Oder sich mit Kumpels, Kollegen, Freunden und Freundinnen verabredet und dann wirklich sagt, die Zeit ist reserviert für euch und wir gehen gemeinsam und im Zweifel kriegt man dann auch mal da einen Arschtritt, wenn er nicht kommt.
Martin Hoffmann: Also so ein Gruppengefühl braucht man dann schon so ein bisschen. Wäre nämlich meine Frage jetzt, also soll ich mich zur Bewegung zwingen, auch wenn ich keine Lust hab dazu?
Alexnader Kölle: Dazu ein klares Jein, wie es so ist im Leben.
Martin Hoffmann: Ich liebe so klare Aussagen.
00:21:50: Ja, definitiv. Ich glaube, man kann es nicht pauschalisieren. Es gibt schon Punkte und auch Zeiten in der Woche, wo man sagen muss, ich fokussiere mich auf ein Thema. Ich lasse halt auch mal 5 gerade sein und sei es der Abend, auch mal bei einem Kinobesuch zu genießen oder auch mal was anderes zu unternehmen, es muss nicht immer Sport und nicht immer Bewegung sein. Auf der anderen Seite darf man halt auch nicht ständig Nein sagen und zu gemütlich werden, weil das führt dann irgendwann dazu, dass man dann sich gar nicht mehr bewegt. Ich glaube jedem von uns geht es so, wenn man mal in sich selber hineinhört, dass man irgendwann merkt, es wird immer schwieriger, das Aufstehen von der Couch wird immer schwieriger. Bis man wieder zu dem Punkt kommt, dass sich rausbewegt und dann sagt, es war eigentlich schon genial heute Abend, das müsste man öfters machen. Den Satz kennt, glaube ich, auch jeder.
Martin Hoffmann: Den haben wir alle schon oft gesagt, gerade immer danach, nach dem Sport ist es immer echt gut.
Alexnader Kölle: Genau, hinterher ist es immer besser und da muss man einfach hinkommen, dass man zumindest eine gewisse Regelmäßigkeit beibehält, auch wenn es nicht jeden Tag sein muss oder wenn man mal sagt, heute nicht, heute lasse ich fünf gerade sein, aber trotzdem immer wieder, deswegen noch mal ein klares Jein.
Martin Hoffmann: Jetzt hast du gerade gesagt, also diesen Arschtritt, den braucht man manchmal. Jetzt haben wir alle irgendwie dann doch immer stressige Tage, auch wenn wir sehr viele, ich sag jetzt mal, so digitale Helfer immer dazukommen. Aber irgendwie wird es dann doch immer stressiger und dein Alltag ist ja ist ja auch stressig jetzt erst mal. Was machst du gegen den inneren Schweinehund?
Alexnader Kölle: Also was für mich tatsächlich persönlich ganz, ganz wichtig ist, ist eine gewisse Planung, eine Organisation. Das heißt, die Schuhe müssen parat stehen. Ich habe im Zweifel eine Tasche am Abend vorher gepackt, die ich morgens mitnehme, dass ich morgens nicht noch in Zeitstress gerate. Die kleinen Hürden im Alltag, die möglichst zu reduzieren, damit die Ausrede immer schwerer fällt, sage ich mal. Und das hilft schon und ich habe momentan eine ganz spezielle Situation, die hat sicherlich auch nicht jeder. Ich habe im Wohnzimmer einen Käfig stehen, also so ein Rack, nennt man es im Fachschalgon, weil ich einfach weiß, dass ich nicht der bin, der abends noch in ein Fitnessstudio geht.
Martin Hoffmann: Also ein Rack ist quasi so für eine Langhantel, dass man da Kniebeugen machen kann, dass man Klimmzüge machen kann. Dass man so alle Muskelgruppen, alle großen für den Körper dann zu Hause trainieren kann.
Alexnader Kölle: Genau, aber selbst ohne das Reck habe ich es schon regelmäßig gemacht und da reicht auch eine Gymnastik-Matte, eine kleine Hantel oder ein Gymnastik-Band, da kann man schon wahnsinnig viel trainieren. Es gibt auch, wenn man gesund ist, muss man immer dazu sagen, ganz ganz viele tolle Videos inzwischen, die man auf verschiedenen Plattformen abrufen kann. Und da kann man auch für sich zu Hause sehr sehr gut trainieren und wie gesagt, das funktioniert für mich, muss nicht für jeden funktionieren, weil wir merken schon auch in der Motivationsforschung, dass da jeder ein bisschen anders funktioniert, jeder ein anderes Setting braucht. Für mich hilft einfach, die Hürden im Alltag so weit runterzusetzen, die Sachen zu organisieren, dass das Nein sagen einfach schwer wird.
Martin Hoffmann: Welche Bewegungsroutinen lassen sich denn gut in den Alltag integrieren?
Alexnader Kölle: Das fängt beim Zähneputzen an. Wir sprechen ja jetzt nicht nur von Ausdauertraining, sondern Kraft, Gleichgewicht, also die Ganzheit, das ganzheitlich betrachten. Und da kann man beim Zähneputze schon auf ein Bein stehen. Und wenn man dann merkt, dass man beim Zähneputzen dann ein bisschen wackelt, stabilisieren muss, dann sind es schon Kleinigkeiten, die nicht schaden und auf jeden Fall helfen im Alltag. Treppe laufen, genial, absolut. Da hat man auch immer wieder die Hebel mit drin und muss sich anstrengen. Auch mal schneller laufen, finde ich auch ein geniales Beispiel, weil man so langsam auch wegkommt von lieber lange langsam. Das war oft auch so ein Thema.
Martin Hoffmann: Lieber lange langsam?
Alexnader Kölle: Ja genau, so fangt mal an und macht langsam und nicht zu arg belasten und so weiter und inzwischen weiß man eigentlich, dass man durch eine intensive Belastung auch den Körper positiv fordern kann und anders fordert. Und Knochen, Sehnen, Bänder brauchen auch Druck und Zug, also die brauchen wirklich auch Belastungen. Wir sprechen natürlich immer von gesunden Leuten, Menschen. Im Zweifel hilft auch mal, sich kurz vor einen Checkup machen zu lassen, damit man weiß, auf was man achten muss. Aber trotzdem gehört es dazu, auch den Körper mal intensiver zu belasten. Und deswegen finde ich das intensiv, die Treppe hoch, vielleicht sogar mal sprinten, total geniales Beispiel. Und dann gibt es natürlich auch Themen wie einfach das Auto mal früher stehen lassen, mit dem Fahrrad wieder fahren, eine Haltestelle früher aussteigen. Also man kann es in den Alltag schon sehr gut integrieren. Das Argument heißt natürlich immer, ich habe zu wenig Zeit, aber meistens ist gar nicht so die Zeit, sondern auch die Bequemlichkeit, die wir dabei haben. Also Möglichkeiten gibt es genügend.
Martin Hoffmann: Jetzt wollen wir drüber sprechen. Also eigentlich macht es ja dann Sinn, zum Beispiel wie beim Zähneputzen, muss ich es sowieso machen, irgendwas parallel dazu zu machen. Ich denke jetzt gerade Einkäufe zum Beispiel hochtragen, sowas. Kann man ja auch dann irgendwie super kombinieren oder staubsaugen, so Ausfallschritte oder sowas machen.
Alexnader Kölle: Perfekt Fenster putzen.
Martin Hoffmann: Fensterputzen sowas, alles Dinge, die man eigentlich sowieso machen muss und dann...
Alexnader Kölle: Man kann es wirklich viel kombinieren, also du hast Ausfallschritte genannt, tolles Beispiel. Wie gesagt, auf einem Bein verschiedene Aktionen machen, das ist immer gut. Man kann auch sich auf die Zehenspitzen hochdrücken und und und, also es gibt immer so ganz, ganz kleine Bausteine, die man machen kann und das bei ganz, ganz vielen Alltagsbewegungen. Das funktioniert sehr gut. Und natürlich so ein Beispiel, da hatten wir im Vorfeld auch schon diskutiert. Wenn ich telefonieren muss, dann nehme ich das Telefon ans Ohr oder habe einen Kopfhörer vielleicht heutzutage auf und bewege mich durchs Zimmer. Ich muss nicht sitzen beim Telefonieren, ich kann da laufen, das sind Schritte und tatsächlich so jeder Schritt zählt, also jeder Schritt ist besser, als keinen Schritt zu machen und auch kleine Schritte bringen auf Dauer dann Erfolg, deswegen Appell möglichst oft aufstehen, aktiv sein, Schritte gehen und so wie wir schon gesagt haben, die kleinen Beispiele auch versuchen umzusetzen.
Martin Hoffmann: Wie ist es denn, wenn ich jetzt, ich sage mal, ich möchte jetzt morgen los starten und bin voll motiviert, dass ich auch die richtigen Pausen einplane, dass ich nicht dann mit Hochmotivation irgendwie los sprinte und danach drei, vier Mal kann ich nicht mehr, mein Körper kann ich mehr und dann falle ich wieder in so ein Loch rein.
Alexnader Kölle: Also eine wahnsinnig komplexe Frage und ich würde sagen, ganz, ganz wichtig ist, dass man am Anfang für sich selber ausmacht, wo will man denn hinkommen, was sind denn meine Ziele und sich ein bisschen Gedanken in die Richtung macht. Wenn es im ersten Schritt wirklich darum geht, ich möchte fitter und gesünder werden und arbeite jetzt nicht auf ein Ziel von, ich möcht einen 10-Kilometer-Lauf in einem halben Jahr machen. Dann ist es tatsächlich so, dass man auch mal, wenn man ein gutes Gefühl hat oder vielleicht auch mit einer mit einer Uhr am Arm loslaufen kann und dann einfach sagen, wenn der Puls zu hoch geht, wenn ich mich nicht mehr wohlfühle, dann nehme ich Tempo raus und gehe spazieren. Es geht gar nicht darum, jeden Tag die Leistung gleichzubringen, jeden Tag die gleiche sportliche Leistung zu steigern, sondern es gibt natürlich Schwankungen im Alltag, die hat man immer wieder, die auch ein Leistungssportler hat. Und dann einfach zu sagen, ist doch egal, heute bin ich halt mal fünf Minuten langsamer auf der gleichen Strecke, aber ich war die Strecke unterwegs,wirklich eine Frage des Blickwinkels.
Martin Hoffmann: Jetzt ist es ja bei dir so, du bist ja auf der einen Seite jetzt für die für die AOK für das Thema Prävention verantwortlich. Auf der anderen Seite hast du ja auch noch ein Privatleben und da bist du Fußballtrainer, begeisternder Jugendtrainer, D-Jugend war es glaube ich bei dir. Jetzt ist natürlich ich sage jetzt mal Sport und Bewegung im Kindesalter extrem wichtig. Also also meiner Ansicht nach auf jeden Fall. Wie lässt sich denn Gesundheitskompetenz bei Kindern? Und bei Jugendlichen gezielt fördern. Und wie machst du das als Fußballtrainer?
Alexnader Kölle: Also grundsätzlich würde ich sagen, ganz, ganz wichtig ist, wirklich früh anzufangen. Man merkt einfach, dass es wahnsinnig wichtig ist wie die Elternhäuser arbeiten, was in den Elternhäusern thematisiert wird, wie man über das Thema Gesundheit spricht und wie man sich auch als Familie im Alltag, ich sage wirklich, bewegt. Und da gibt es auch inzwischen beispielsweise die AOK-Familien-Studie, die festgestellt hat, dass tatsächlich für über ein Drittel der Eltern eine aktive Bewegung im Alltag nicht mehr dazugehört bzw. auch das Thema aktive Ausflüge gemeinsam zu machen. Ich finde einfach, wir als Eltern haben eine Aufgabe und auch eine Pflicht unseren Kindern auch einen Alltag bewegt zu gestalten, gesund zu gestalten und bewusst damit umzugehen. Das ist schon mal das erste, wo ich sage, das ist meine eigene Haustüre, da bin ich selber dafür verantwortlich. Dann im Bereich Fußball ist natürlich ein bisschen komplizierter, aber auch da glaube ich, ist es immer eine Frage, wie man Themen vermittelt. Ich fand eine ganz spannende Fortbildung, die ich mal mitmachen durfte. Da hat man noch mal deutlich vermittelt bekommen, wie man mit Kindern didaktisch umgeht, also wie man es fachlich vermitteln kann. Und selbst wenn es um Fußballkompetenz geht, also um taktische Dinge oder technische Dinge, kann man die Kinder immer wieder fragen. Man kann ihnen Fragen stellen. Ich brauche als Trainer nicht außen stehen und ihnen sagen, so und so müsst ihr es machen, sondern ich stelle Frage und sage, was war gut, was nicht so gut? Und die Kinder wissen es selber. Und dann fängt so ein Prozess an, dass sie darüber nachdenken, dass sie sich damit beschäftigen mit verschiedenen Themen. Und ich frag sie dann schon auch mal, wenn sie morgens zum Spiel kommen, habt ihr gefrühstückt? Was habt ihr denn gefrühstückt, wenn einer kommt und das Frühstück gerade in der Hand hat? Dann auch mal zu vermitteln und sagen, du musst früher essen, du muss rechtzeitig was Gutes essen, dass dein Körpers verarbeiten kann, dass du Energie hast. Und über solche kleine Beispiele bis hin zu, wenn sie mit verschiedenen Getränken auf dem Platz stehen, Ihnen auch mal so erklären, dass sie es mal umdrehen sollen und die Inhaltsangabe lesen und gucken, wie viel Zucker da drin ist etc. Das sind so Kleinigkeiten, die, glaube ich, auch jeder Trainer am Alltag immer mal wieder einfließen lassen kann, ohne dass man dann der Gesundheitsapostel ist und außen steht und alles verbieten muss, sondern immer wieder, wenn sich Chancen und Möglichkeiten bieten, einfach ein bisschen mehr wie nur Fußballtrainer zu sein und das Thema Gesundheit ein bisschen globaler zu spielen.
Martin Hoffmann: Jetzt haben wir gerade über die sehr junge Zielgruppe gesprochen. Wie sieht es denn mit anderen Zielgruppen aus? Und wir wechseln jetzt wieder von dem semi-professionellen quasi zu deinem wirklich professionellen, also zum beruflichen, zur AOK. Welche Bewegungsangebote hat denn die AOK?
Alexnader Kölle: Also wir haben ein wahnsinnig vielfältiges Angebot. Wir sprechen bei uns in der Prävention, wenn es um Präventionsangebote geht, immer von zwei Ansätzen. Das eine ist der Lebensweltenansatz. Also wir tatsächlich Angebote für Kindergärten, für Schulen, für Betriebe bis hin zu Pflegeheimen, wo es darum geht, sowohl die Struktur in der Lebenswelt, also im Heim beispielsweise oder in der Schule, zu optimieren, also die Lebenswelt gesünder zu machen. Wie auch dann konkrete Angebote in der Lebenswelt zu setzen. Das sind dann immer beide Ansätze kombiniert. In der Individualprävention, da sprechen wir dann davon, wenn wir Angebote machen, die praktisch für jeden Einzelnen spannend und interessant sind und nicht direkt eine Lebenswelt oder eine Struktur ansprechen, haben wir Angeboten von Ernährung über Bewegung, Entspannung bis hin zur psychischen Gesundheit. Da sprechen wir inzwischen wirklich auch von psychischer Gesundheit, nicht nur von Entspannung, weil das aus unserer Sicht mehr ist. Und wir haben Kursangebote, wo man wirklich aktiv über einen gewissen Zeitraum für sich eine Gesundheitskompetenz aufbauen kann, aktiv ausprobieren kann, schauen kann, was einem liegt, was einen Spaß macht und schon auch Kompetenz vermittelt bekommen. Das ist auch so eine Mischung aus aktiv Teilnehmen und Wissenstransfer.
Martin Hoffmann: Und gibt es noch so, ich sage es mal so, weiterreichende Bewegungsangebote in Baden-Württemberg?
Alexnader Kölle: Also wir haben beispielsweise über unsere eigenen Angebote, die findet man oft auch unter dem Begriff AOK Gesundheitsangebote, da finden unsere Kursangeboten auch ganz, ganz viele Kooperationen beispielsweise, auch flächendeckend mit Turn- und Sportverein beispielsweise und das ist was, wo wir auch wahnsinnig wichtig finden. Wir haben vorher schon kurz über das soziale Miteinander, über eine soziale Gemeinschaft gesprochen und wir wissen inzwischen, dass zur Gesundheit eigentlich auch das sozialen Miteinander und sich gut in der Gruppe aufgehoben fühlen gehört. Das merken wir vor allem, wenn es in die ältere Bevölkerungsschicht geht, wie wichtig da noch ein sozialer Zusammenhalt ist und ein soziales Netzwerk. Deswegen finden wir auch, dass unsere Turner- und Sportvereine hier in Baden-Württemberg einen genialen Job machen, tolle Angebote haben und zusätzlich zu Bewegungen oder zu anderen Themen auch wirklich noch eine soziale Gemeinschaft hat, die einen mit gesund hält. Deswegen sind wir da auch in vielen Kooperationen unterwegs und versuchen, die Sportvereinen auch weiterhin am Markt zu platzieren und mit denen gemeinsam aktiv zu sein.
Martin Hoffmann: Jetzt habe ich den Prof. Granacher vorhin auch gefragt, eine Frage möchte ich dir auch stellen. Weißt du ungefähr, wir haben jetzt so knapp 16 Uhr, wie viele Schritte hast du denn heute schon gemacht, weißt du das ungefähr?
Alexnader Kölle: Ich bin tatsächlich heute bei knapp 7.500, so ungefähr. Wir haben gerade eine Challenge im Unternehmen, deswegen...
Martin Hoffmann: Challenge, sehr, sehr gut. Okay, was ist die Challenge genau?
Alexnader Kölle: Ich bin aber heute tatsächlich auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln bei der Arbeit und das ist für mich schon ein deutlicher Unterschied, sowohl zum Homeoffice, wie mit dem Auto zur Arbeit fahren. Allein die Wege unterwegs, die lohnen sich wirklich auch, um Schritte zu zählen.
Martin Hoffmann: Und heute Abend nochmal ans Rack oder?
Alexnader Kölle: Heute Abend tatsächlich ans Rack noch mal, ja.
Martin Hoffmann: Alex, vielen, vielen Dank dir.
Alexnader Kölle: Sehr gerne, vielen Dank.
00:34:40: Wir alle bewegen uns zu wenig. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt 150 bis 300 Minuten moderater Bewegung pro Woche. Spazieren gehen zählt aber auch schon zur moderaten Bewegung. In Kombination mit regelmäßigen Kraftübungen und Konditionseinheiten kann man seinem eigenen Körper auf jeden Fall was Gutes tun. Und was auch noch rauskam in den Gesprächen, mehr Übungen in den Alltag integrieren. Zum Beispiel mehr Treppen laufen, auf einem Bein stehen, beim Zähneputzen oder so was wie Ausfallschritte beim Staubsaugen. Seid da einfach kreativ. Da könnt ihr wirklich einiges für eure Gesundheit machen und früh anfangen, Kinder fördern und Bewegung und Spaß am Sport vorleben. Sag mal, wie geht es euch denn jetzt nach der Folge? Und wie sieht es mit eurer Bewegung aus? Checkt gerne mal euer Smartphone. Wie viele Schritte habt ihr heute schon gemacht? Schreibt es mal in die Kommentare. Ich bin gespannt, was da rauskommt. Ich habe auch gerade mal geschaut. Bei mir sind es so knapp im Schnitt über 6000. Ich habe also auch noch ein bisschen Luft nach oben. Aber wie wir gelernt haben, Schritte sind nicht das einzig Wahre. Es gibt noch diverse andere Möglichkeiten, Bewegung in den Alltag zu etablieren. Wenn ihr mehr Informationen zu unseren Gesprächspartnern haben möchtet, dann schaut gerne mal in die Shownotes. Wie immer findet ihr hier wieder weitere Informationen zum Thema. Fragen und Anregungen gerne per DM über unser Instagram-Profil @gesundnah. Und wenn ihr keine Folge mehr verpassen möchtet, dann einfach auf Abonnieren drücken. Und wenn schon dabei seid, gerne auch eine Bewertung dalassen. Würde mich freuen, wenn ihr das nächste Mal auch wieder dabei seid. Ich bin Martin Hoffmann, wir hören uns.
Outro: GESUNDNAH – der Gesundheitspodcast der AOK Baden-Württemberg
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