#21 Foodkoma: Warum uns zu viel Essen lahmlegt
Shownotes
Rotkohl, Klöße, Weihnachtsplätzchen & Co: Die Festtage sind meist mit vielen Leckereien verbunden, und nicht seltenessen wir weit über unseren Appetit hinaus. Die Folgen: Völlegefühl und Müdigkeit. Moderator Martin Hoffmann spricht in dieser Folge mit Julia Baschnagel. Sie ist Ernährungsexpertin bei der AOK Baden-Württemberg und erklärt, was hinter dem „Foodkoma“ steckt und wie wir schlemmen können, ohne unseren Magen zu überfordern.
Wenn dich Themen rund um Ernährung oder Essverhalten belasten, wende dich bitte an eine Vertrauensperson oder suche dir Hilfe zum Beispiel bei folgenden Organisationen:
• Anlaufstelle bei Essstörungen Stuttgart: https://www.abas-stuttgart.de/ • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Essstörungen: https://www.bzga-essstoerungen.de/hilfe-finden/wie-finde-ich-beratungsstellen/suche-in-der-datenbank/ • Nummer gegen Kummer: https://www.nummergegenkummer.de/ • Bundesfachverband Essstörung: https://www.bundesfachverbandessstoerungen.de/der-verband/mitgliederverzeichnis.php?firstChar=7 • Netzwerk Essstörungen der Uni Tübingen: https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/netzwerk-magersucht/allgemeine-informationen
Weitere Informationen zum Thema Foodkoma findest du in diesem Artikel: https://www.aok.de/pk/magazin/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/nach-dem-essen-muede-das-hilft-bei-suppenkoma/
Die AOK Baden-Württemberg bietet zudem spannende und hilfreiche Gesundheitskurse zum Thema Ernährung an. Finde hier heraus, welche Angebote es in deiner Nähe gibt: https://www.aok.de/pk/gesundheitskurse/?cid=nied_SEA_GR_BR_Gesundheitskurse&gad_source=1&gclid=EAIaIQobChMIlKidhfakigMV-6KDBx0aCyk1EAAYAiAAEgJ5IfD_BwE
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Triggerwarnung: Achtung! In dieser Folge geht es um Essgewohnheiten und mögliche Auswirkungen von bestimmten Lebensmitteln auf den Körper. Wenn dich Themen rund um Ernährung oder Essverhalten belasten, wende dich bitte an eine Vertrauensperson. In unseren Shownotes findest du außerdem wichtige Anlaufstellen.
Intro: Unterwegs für die Gesundheit. GESUNDNAH - der Podcast der AOK Baden-Württemberg.
Martin Hoffmann: Weihnachtsmärkte, Weihnachtsfeiern oder so ein richtig schönes Adventskaffeekränzchen. Im Dezember gibt es ja so viele Möglichkeiten zu schlemmen. Und ich persönlich, ich liebe ja Maronen. So eine heiße Tüte Esskastanien auf dem Weihnachtsmarkt, mega lecker. Oder Waffeln, Crêpe, Lebkuchen. Das ist alles schon sehr, sehr gut. Und dann kommt natürlich der Höhepunkt: Weihnachten. Irgendwie hat jede Familie ja ihre eigene Tradition, was das Essen angeht. Bei uns gab es zum Beispiel immer Karpfen. Auch wenn sich die Gerichte unterscheiden, eins haben dann doch alle gemeinsam: Wir essen definitiv zu viel von allem. Spätestens nach dem zweiten Weihnachtsfeiertag spannt der Bund, wenn man nicht schon längst auf die Jogginghose umgestiegen ist. Ich bin Martin Hoffmann und heute dreht sich alles ums Essen. Genauer gesagt ums zu viel Essen und wie es uns danach geht. Nach dem übermäßigen Schlemmen fallen wir nämlich in das sogenannte Foodkoma. Wir fühlen uns müde, sind antriebslos und schlapp. Mich interessiert der Grund. Warum essen wir überhaupt so viel? Und was passiert dabei im Körper? Das will ich heute herausfinden. Nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Vielleicht lässt sich ja mit ein paar Tipps da entgegenwirken. Und deswegen treffe ich mich heute mit Julia Baschnagel. Sie ist Ernährungsexpertin und Diätassistentin bei der AOK. Mit ihr bin ich in Ravensburg verabredet und ich habe mir gedacht, zu unserem Treffen bringe ich ein bisschen Weihnachtsstollen mit. Da spricht es sich doch leichter über das maßvolle Essen. Ich bin jetzt im Gesundheitszentrum von der AOK in Ravensburg und bin jetzt hier gleich mit Frau Baschnagel verabredet. Man hat gesagt, wir sollen hoch in den zweiten Stock kommen. Und jetzt... Da ist sie auch schon. Hallo?
Julia Baschnagel: Hi.
Martin Hoffmann: Wo können wir hingehen? Wo können wir am besten hin?
Julia Baschnagel: Wir können hier zu der Tür reingehen, dann gehen wir vor ins Besprechungszimmer.
Martin Hoffmann: Super, dann kommen wir gerade mal hinterher. Sehr schön. Grüner Fußboden hier.
Julia Baschnagel: Ja, das ist unser Gesundheitszentrum hier bei der AOK.
Martin Hoffmann: Und da vorne sehe ich, da können wir, glaube ich, rein, oder?
Julia Baschnagel: Richtig. Genau da wäre unser Besprechungszimmer. Da habe ich schon ein bisschen was vorbereitet.
Martin Hoffmann: Frau Baschnagel, wir haben jetzt hier Weihnachtsstollen vor uns. Marzipan und Rosinen ist immer so eine heikle Sache. Ist das Ihr Geschmack?
Julia Baschnagel: Ja, total. Also Marzipan mag ich brutal gerne. Es kommt natürlich auch immer auf die Menge, die man isst, natürlich, aber ist super lecker.
Martin Hoffmann: Das ist schon mal sehr gut. Sie sagen gerade die Menge, die man isst. Wir sind mittendrin im Thema Foodkoma, eigentlich. Also wenn die Menge nämlich übertrieben wird. Aber, aber was versteht man denn eigentlich unter dem Begriff Foodkoma? Der ist mir so eigentlich auch noch nicht begegnet.
Julia Baschnagel: Also Food, klar, das englische Wort für Essen und das Essenskoma quasi. Also das Überessen, das wir quasi über unser Sättigungsgefühl hinaus Nahrung zu uns nehmen und dann eben die bekannten Probleme haben, wie ein Völlegefühl oder auch manchmal so ein gewisses schlecht sein, weil man einfach viel zu viel gegessen hat.
Martin Hoffmann: Aber ab wann spricht man davon, dass es so ein Foodkoma ist? Also ab und zu esse ich, wenn es halt schmeckt. Und gerade so Weihnachten und so was, da ist man ja schon mal gern ein bisschen mehr. Dieses Völlegefühl ist dann da. Ist es dann schon das Foodkoma oder muss ich da wirklich massiv mehr essen als ich eigentlich vertrage?
Julia Baschnagel: Also schon das wirkliche massiv mehr essen. Würde ich das schon bezeichnen. Und auch die bekannten Symptome wie Müdigkeit, Schlappsein, also dass ich eigentlich am liebsten auf die Couch liegen würde und gar nichts mehr tun kann, weil ich so voll bin. Foodbaby quasi.
Martin Hoffmann: Warum machen wir das denn? Also warum überessen wir uns?
Julia Baschnagel: Also der normale Vorgang im Körper ist ja quasi, wenn wir essen, dann wird ja die Nahrung auch verdaut. Diese ganzen Inhaltsstoffe werden aufgenommen, die Magenwand dehnt sich und wir bekommen ein Signal, also über Hormonausschüttung ins Gehirn, dass wir eigentlich satt sind. Aber durch verschiedene Faktoren von außen, jetzt gerade an Weihnachten, wir haben so tolle Sachen auf dem Tisch, wir beachten dieses Sättigungsgefühl letztendlich gar nicht. Und so kommt es dazu, dass wir einfach viel mehr essen, wie wir hätten sollen, weil wir gar nicht auf unsere... Ja, wir achten nicht auf uns. Wir sind nicht achtsam in dem Moment, wahrscheinlich.
Martin Hoffmann: Ist das auch was Gelerntes, vielleicht? Also, dass man… Ich kenne das so ein bisschen, wenn Kinder dann, vielleicht sind sie satt und dann wird dann so was gesagt: na ja, den Teller musst du schon noch aufessen oder es wird nichts weggeworfen. Oder in so eine Richtung. Ist es ein Lernprozess?
Julia Baschnagel: Ja, das ist tatsächlich so, und wenn ich das dauerhaft machen würde, dann wäre es auch so, dass ich eine größere Menge brauche, um einfach dieses Gefühl von Sättigung zu haben oder auch gar nicht mehr dieses richtige Hunger- und Sättigungsgefühl kenne. Also das erlebe ich ganz oft in meinen Beratungen, dass das ein Thema ist, das man dann wirklich durch regelmäßige Mahlzeiten das Ganze wieder lernen muss, ja.
Martin Hoffmann: Das heißt kleinere Portionen, um dann wieder so dieses da reinzukommen das reicht dem Körper eigentlich in dem Moment aus und dann entwickelt sich wieder so ein Sättigungsgefühl.
Julia Baschnagel: Genau richtig. Und auch dieses Gefühl, wie fühlt sich denn wirklich an, wenn ich satt bin? Also das muss nicht sein, dass der Magen dann sich meldet, sondern dass ich einfach ein angenehmes Sättigungsgefühl habe. Und das muss schon trainiert werden wieder bei vielen, ja. Und das schafft man eben durch regelmäßige Mahlzeiten, wenn man auch sagt, ich habe 3 bis 5 Mahlzeiten zum Beispiel und zwischendrin wirklich auch mal 3 bis 4 Stunden Pause, wo ich nichts esse.
Martin Hoffmann: Was passiert denn im Kopf, wenn ich dieses Völlegefühl im Magen habe? Also was, was für Signale werden da vom Gehirn ausgestoßen oder ausgesendet?
Julia Baschnagel: Also dieses Signal, dass man eigentlich letztendlich satt ist, aber halt dieses gar nicht wahrnimmt.
Martin Hoffmann: Was passiert denn im Körper noch alles, wenn ich einfach dieses dieses Foodbaby, was sie auch gesagt haben, quasi schon in mir trage.
Julia Baschnagel: Also wenn ich immer weiter essen würde, tatsächlich, würde es irgendwann zum richtigen Erbrechen kommen, einfach auch aus Schutzreflexen für den Magen, dass man einfach sagt, der Magen platzt nicht oder so was. Also weil normal ist der Magen ungefähr so groß wie eine Kaffeetasse und er kann sich schon deutlich erweitern. Also wenn man viel zu viel Nahrung zu sich nimmt.
Martin Hoffmann: Also so groß wie eine Kaffeetasse, wie groß kann der werden? Also ist es doppelt? Reden wir über doppelte oder die dreifache Menge oder...
Julia Baschnagel: Ich würde schon eher Richtung dreifache, vierfache Menge gehen. Ja, tatsächlich.
Martin Hoffmann: Okay, krass. Dann redet man wirklich für so eine Foodbaby wahrscheinlich. Und dann nimmt das ja auch Raum ein richtig.
Julia Baschnagel: Richtig und wir müssen uns ja dann auch vorstellen, der Körper braucht dann ganz viel Blut, da brauchen wir ganz viel Energie im Magen-Darm-Trakt. Und das führt halt einfach auch dazu, dass wir dann so müde sind und uns einfach so unwohl fühlen. Und das drückt ja dann auch gegen diese anderen Organe. Also kann man fast vergleichen mit einer Schwangerschaft am Ende, wo halt einfach auch dann das Kind sehr viel Platz einnimmt.
Martin Hoffmann: Ich überleg mir grad, dieses Völlegefühl, ob ich das schon mal so hatte. Also ich kann mir gut vorstellen, wenn ich so an die letzten Weihnachtsfeste denke und so was, und Sie haben das auch gesagt, Weihnachten ist natürlich prädestiniert für so was. Also an Heiligabend wird gegessen, erster Weihnachtsfeiertag kommt Familie und alle mögen, alle geben sich Mühe. Ist das bei Ihnen auch ein Thema?
Julia Baschnagel: Also ich denke, das hat jeder schon mal erlebt, oder das hängt ja manchmal auch nicht damit zusammen an diesen großen Mengen. Da gibt es ja auch andere Ursachen, also zum Beispiel im Alltag, dass ich einfach auch sehr, sehr schnell esse und dieses Sättigungsgefühl setzt ja eigentlich erst nach 20 Minuten ein. Im Durchschnitt essen die Leute eigentlich so zehn Minuten. Das heißt, da komme ich ja gar nicht so richtig zu diesem Sättigungsgefühl. Und das ist halt oft auch ein Punkt, warum die Leute dann auch viel zu viel essen, weil sie eigentlich ja schon satt wären, aber halt viel zu schnell gegessen haben letztendlich.
Martin Hoffmann: Das ist total spannend. Das heißt, es liegt nicht nur an der Menge, sondern ich kann auch dieses Sättigungsgefühl, wenn ich das über einen längeren Zeitraum strecke, also 20 Minuten jetzt esse, kann ich mit einer geringeren Menge auch satt werden. Das heißt, die Menge ist nicht entscheidend, was das Gefühl angeht.
Julia Baschnagel: Genau, richtig. Das ist so.
Martin Hoffmann: Und Sie haben gesagt, zehn Minuten essen wir normalerweise? So schnell?
Julia Baschnagel: Sie können sich auch gern mal beobachten. Das ist wirklich interessant, wenn man mal sagt bei einer Mahlzeit, ich schaue mal so auf die Uhr, wie lang brauche ich denn wirklich? Und es ist schon erstaunlich. Früher gab es ja immer die Empfehlungen 20x kauen, finde ich bisschen übertrieben so, wer das mal ausprobiert, hat das schon irre. Aber tatsächlich empfiehlt es sich auch mal das Besteck einfach abzulegen, wenn man merkt, ich bin einfach jemand, der sehr, sehr schnell isst, dass man einfach sagt das Besteck ablegen, das kann man auch super beim Weihnachtsessen machen, weil eigentlich hat man doch da Zeit in dem Sinne. Also vielleicht ist man gedanklich schon bei der nächsten Veranstaltung, aber eigentlich haben wir doch da wirklich die Zeit, da mal hinzusitzen und das ganz achtsam und genussvoll auch zu uns zu nehmen. Dieses wunderbare Essen, das jemand auch zubereitet hat.
Martin Hoffmann: Ich dachte gerade, vielleicht ist man gedanklich schon bei dem Nachtisch oder schon ein Gang weiter. Also zum Beispiel Besteck einfach mal ablegen, mehr ins Gespräch gehen. Diese ganze Situation vielleicht jetzt auch an Weihnachten mehr genießen, mehr Interaktion, einfach um das Essen zu verlangsamen, um dann diese 20 Minuten mit weniger Essen zu erreichen.
Julia Baschnagel: Richtig. Und da schaffen wir es, denke ich leichter. Weil im Alltag ist es manchmal einfach auch von außen so ich habe vielleicht keine so lange Mittagspause, vielleicht bin ich noch Raucher, vielleicht muss ich noch irgendwas erledigen in der Pause. Da ist eine halbe Stunde wirklich nicht viel, wenn ich da noch was essen möchte. Und ich finde, an solchen Tagen kann man das super trainieren, weil da haben wir wirklich auch diese Zeit oder diesen zeitlichen Rahmen, den wir uns im Alltag einfach oft nicht nehmen.
Martin Hoffmann: Gibt es so was wie... also ich hatte mal vorher überlegt, wie ich das zum Beispiel auch vorher mache. Ich trink zum Beispiel vorher noch mal Wasser. So ein Glas Wasser irgendwie noch mal, dann habe ich so das Gefühl, dann irgendwie Magen ist schon irgendwie bisschen gefüllt. Ist es eine gute Strategie oder versuche ich mich da nur auszutricksen?
Julia Baschnagel: Nee, das ist tatsächlich so. Also man kann, wenn man ein Glas Wasser trinkt, wirklich so 15 % von der Energieaufnahme damit auch einsparen. Das würde ich empfehlen zu machen. Und ich denke, was auch wichtig ist es, dass man trotzdem regelmäßig über den Tag isst, weil manchmal ist man ja verleitet zu sagen ach, ich hab mir das für heut Abend auf, aber das führt dann eben auch dazu zu sagen, ich esse abends wirklich eine richtig üppige Portion und das tut meinem Magen nicht gut. Also lieber zu sagen, schon auch Frühstück, Mittagessen zu haben und dann halt eben das Abendessen zu genießen an Weihnachten oder Feiertagen.
Martin Hoffmann: Ist aber auch spannend, weil es gibt ja so Trends mit Intervallfasten und so was, wo es auch mal teilweise dann nur eine Mahlzeit am Tag ist und dann eine sehr, sehr große Mahlzeit. Ist das dann da eigentlich dann bisschen kontraproduktiv oder muss man da besonders aufpassen?
Julia Baschnagel: Ja. Also tatsächlich ist die Empfehlung auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nach wie vor diese drei bis fünf Mahlzeiten eben auch. Das hat auch mit der Insulinproduktion zu tun. Zum Beispiel, dass wenn ich... Es gibt ja Snackesser zum Beispiel, die sehr, sehr viel essen immer zwischendurch, wäre auch nicht so gut, da steigt der Blutzuckerspiegel, fällt wieder schnell ab und so kriegen wir einfach auch dieses Hunger- und Sättigungsgefühl wieder trainiert, eben wie ich vorher schon gesagt habe.
Martin Hoffmann: Also mit Snack essen nicht gut für Hungergefühl oder Sättigungsgefühl.
Julia Baschnagel: Genau richtig, ja. Dann nehme ich das nämlich auch gar nicht mehr so richtig wahr. Also was ist Hunger wirklich? Also viele wissen das doch heute gar nicht mehr, weil wir haben überall Essen verfügbar, die nächste Mahlzeit, die ist schnell geholt beim Bäcker oder sonst wo und da ist es halt einfach schon gut mal zu sagen wirklich drei, vier Stunden nichts zu essen.
Martin Hoffmann: Eigentlich ist es ja so, wir essen ja oft aus Routine, also sagen okay, es ist Frühstückszeit, es ist Mittagszeit, es ist Abendessenzeit und gar nicht mal so nach dem eigenen Hungergefühl. Überlege ich gerade bei mir. Ich glaube, bei mir ist das nämlich auch so, dass ich... Ich stehe morgens auf und ich habe jetzt morgens wahrscheinlich nicht immer direkt Hunger, aber es ist erst mal Frühstück. Mit der Familie sitzt man dann zusammen und dann gehört das so und im Kopf immer, das ist die wichtigste Mahlzeit des Tages. Und dann ist es wahrscheinlich wirklich so, dass man gar nicht so nach dem Hungergefühl erst mal geht.
Julia Baschnagel: Genau richtig. Und das ist etwas, was man halt eben auch verlernt und was man dann wieder versuchen muss zu trainieren.
Martin Hoffmann: Jetzt sind Feiertage, also Feiertage stehen jetzt einfach an, was mache ich denn? Es ist ja auch meistens unglaublich lecker, was es da einfach gibt. Und ist es denn schlimm, wenn ich jetzt mal ins Foodkoma falle?
Julia Baschnagel: Also wenn das paarmal passiert, ist es nicht schädlich. Schädlich wäre es tatsächlich, wenn ich das dauerhaft mache, dann hätte es natürlich auch Einfluss aufs Gewicht. Aber wenn ich jetzt an den Tag, zwei, drei Tage im Jahr da mal übertreibe, ja, dann ist es einfach so und da werde ich auch nicht übergewichtig davon. Also ich finde immer, man muss da klarstellen, man nimmt nicht zwischen Weihnachten und Silvester zu, sondern zwischen Silvester und Weihnachten. Also das ist es, was letztendlich auch zählt. Und klar, es ist ja auch besonders jemand kocht, man genießt die Zeit und dann darf's ja auch mal üppiger sein, also ist völlig in Ordnung.
Martin Hoffmann: Den Spruch hat meine Oma übrigens immer gesagt mit dem Weihnachten und Neujahr.
Julia Baschnagel: Ah ok.
Martin Hoffmann: Deswegen kam mir das gerade sehr bekannt vor. Gibt es denn Lebensmittel oder besondere, ich sage es mal, Gruppen von Lebensmittel, die dieses Foodkoma noch mal beschleunigen oder begünstigen?
Julia Baschnagel: Ja, also da sind solche Dinge auf jeden Fall zu nennen wie fettige Sachen. Also da sehe ich so was wie... Klar, man kocht ja dann auch gerne bisschen gehaltvoller mit Öl, mit Butter usw. Das macht natürlich auch müde dieser hohe Fettgehalt, weil es auch schwierig zu verdauen ist und weil es auch sehr lange im Magen-Darm-Trakt bleibt. Aber auch so was wie Zucker. Unser Stollen jetzt hier zum Beispiel ist natürlich auch Fett und Zucker in dem Sinne, aber das sorgt halt auch für so eine Blutzuckerschwankung, wo wir vorher gesagt haben, das sorgt auch für eine Müdigkeit, zum Beispiel. Alkohol natürlich auch ein Thema, weil es auch diese Sättigungsregulation beeinflusst, diese Hormone, also dass man dann einfach auch gerne so Heißhungerattacken so was kriegt. Ähm, ja, Milchprodukte mit viel Fett. Klar, wir kochen dann gerne mit Sahne, mit Creme Fraiche, solchen Sachen. Das ist halt einfach auch sehr üppig.
Martin Hoffmann: Mal andersherum gefragt, Sie haben jetzt sehr viele Sachen aufgezählt. Was kann ich denn überhaupt noch essen? Also wenn ich jetzt, wenn ich Butter, wenn ich Sahne, wenn ich Zucker, wenn ich also viel fettige Sachen, Nudeln, Pasta, Reis, Kartoffeln?
Julia Baschnagel: Ja, alles in Maßen.
Martin Hoffmann: Alles in Maß
Julia Baschnagel: Genau. Vielleicht einfach auch so bisschen hergehen und so den Teller trotzdem im Blick behalten. Wir bei der AOK empfehlen immer dieses Tellerprinzip, also das heißt Hälfte vom Teller wirklich Gemüse, 1/4 Beilage, 1/4 tierisches Produkt. Und wenn ich die Chance habe, an den Feiertagen selber zu schöpfen, das ist manchmal ja auch so ein Thema, da wird serviert, da habe ich eine große Portion auf dem Teller. Es ist eigentlich dann ja, man sollte die aufessen, wie Sie vorher auch schon gesagt haben. Aber ja, wenn ich mir selber schöpfe, dann habe ich es auch eher in der Hand. Wie verteile ich zum Beispiel? Nehme ich vielleicht noch mal ein bisschen Gemüse dazu und dafür bisschen weniger Beilage?
Martin Hoffmann: Da muss man sich aber erst mal gegen die Oma durchsetzen.
Julia Baschnagel: Ja.
Martin Hoffmann: Was das Schöpfen angeht. Ich glaube, da haben sich viele schon probiert und es war vielleicht auch alles gar nicht so einfach. Was kann ich denn noch machen?
Julia Baschnagel: Also wir hatten ja von dem Glas Wasser gesprochen, das sehe ich da auf jeden Fall auch noch mal und auch diese regelmäßigen Mahlzeiten trotzdem über den Tag, also keine Mahlzeit ausfallen zu lassen. Und ich denke ganz arg wichtig: Nach dem Essen sollst du ruhen oder 1000 Schritte tun. Also wenn man Extremsport machen würde, wäre das mit so einem vollen Magen natürlich ganz unangenehm. Aber wenn wir jetzt sagen, die 1000 Schritte, das wäre wirklich so zehn Minuten, 20 Minuten spazieren gehen, das tut doch auch gut. Also wenn ich den ganzen Tag vielleicht auch viel sitze an den Feiertagen, vielleicht auch noch lange Fahrt zu meiner Familie hab, dann ist es doch auch eine ganz gute Sache und das regt auch die Verdauung an, dass es dann auch besser funktioniert.
Martin Hoffmann: Das heißt danach Bewegung oder eben dieses Ruhen, um den Körper wirklich die Energie fürs Verdauen zu geben.
Julia Baschnagel: Im Idealfall tatsächlich dann auch die Bewegung.
Martin Hoffmann: Dann eher doch eher die Bewegung.
Julia Baschnagel: Genau.
Martin Hoffmann: Jetzt. Was kann ich denn vielleicht vorher machen? Also um mich vorher noch mal besser drauf vorzubereiten.
Julia Baschnagel: Im Vorfeld vielleicht einfach mal überlegen, was wird überhaupt gekocht? Kann man vielleicht das in der Familie bisschen aufteilen, dass jeder bisschen was beisteuert, dass es dann auch für alle passt, niemand so ein extremer Aufwand hat? Und dann hat man auch so ein bisschen in der Hand, was es da letztendlich gibt, aber eben die Kirche auch im Dorf zu lassen. Ich meine, es sind Feiertage und es darf da einfach auch mal ein bisschen anders gegessen werden. Wichtig halt, dass man wirklich auch achtsam isst, langsam isst, gut kaut und sich halt einfach auch die, ja... Ich find die Wertschätzung immer wichtig. Jemand hat sich da in die Küche gestellt, hat da was Tolles zubereitet und einfach auch mal dran zu riechen, anzuschauen und es einfach auch zu würdigen, letztendlich und nicht einfach schnell runterzuschlingen.
Martin Hoffmann: Und was auch noch ein wichtiger Punkt ist, was ich auch immer find, die Sachen schmecken am nächsten Tag auch noch sehr lecker.
Julia Baschnagel: Ja, das stimmt.
Martin Hoffmann: Ich finde es immer toll, wenn man dann Sachen so eingtuppert hat und am nächsten Tag oder am übernächsten Tag, also viele Sachen halten sich ja dann auch ein bisschen, wenn man dann auch noch mal was hat. Das ist vielleicht auch noch eine Strategie. Es muss nicht immer alles an dem einen Tag schon auch gegessen werden.
Julia Baschnagel: Das ist eine gute Idee.
Martin Hoffmann: Sie haben es noch mal gesagt Sport danach, also gemäßigt natürlich. Jetzt kein Extremsport, aber Sport. Vorher macht das auch Sinn? Weil ich habe immer das Gefühl, wenn ich Sport gemacht habe, dann habe ich auch Hunger und dann braucht mein Körper auch Energie.
Julia Baschnagel: Klar, wenn man die Zeit hat, ist es auf jeden Fall sinnvoll. Ich habe auch schon gehört, dass es für den Muskelaufbau, wer Kraftsport macht, tatsächlich gut ist, weil man ja über isst, quasi, also auch viel mehr Nährstoffe hat. Und das ist gerade beim Kraftaufbau auch vom Eiweiß her sehr sinnvoll sein. Kann. Also das würde sich auf jeden Fall lohnen. Aber halt nicht mit vollem Magen natürlich.
Martin Hoffmann: Na, das heißt also Kraftsport, Bodybuilding und so was ist Foodkoma eigentlich gar nicht mal so schlimm, wenn es dann nach dem Training ist. Ok spannend, hätte ich jetzt auch nicht gedacht, dass es da noch eine Strategie gibt. Wie sieht denn Ihre persönliche Strategie aus? Wie sieht denn Ihr Weihnachtsfest aus?
Julia Baschnagel: Also ich bin ein totaler Genussmensch. Ich liebe natürlich Kochen und Essen auch aufgrund von meinem Beruf. Und ich zelebriert es dann tatsächlich auch ziemlich dann an den Feiertagen. Ich genieße es auch, mit meiner Familie und den Freunden dann zusammen zu sein. Und ja, bei uns auch mit Familie, klar, wir halten trotzdem unsere normalen oder relativ normalen Essenszeiten ein. Das braucht man auch vom Rhythmus her dann einfach, aber ansonsten wird es auch mal bissl üppiger sein, was dann auch ja völlig in Ordnung ist. Und dann mit Kind und Kegel und Hund usw. muss man ja sowieso dann rausgehen und bisschen sich bewegen.
Martin Hoffmann: Wann hatten Sie das letzte Mal ein Foodkoma?
Julia Baschnagel: Gute Frage. Also ich esse gerne auch Sushi, da hatte ich letztes Mal schon auch bisschen mehr.
Martin Hoffmann: Also man kann festhalten, es ist nicht schlimm, wenn man ab und zu mal das hat, wenn man weiß, okay, wie man damit umgeht, was man danach noch machen könnte. Und vielleicht ist es manchmal auch ganz okay, wenn es so ist.
Julia Baschnagel: Ja, wenn es eher die Ausnahme bleibt, sowieso. Wenn das ein Dauerzustand wäre, müsste man sich das noch mal bisschen genauer anschauen. Aber so darf das doch auch mal sein.
Martin Hoffmann: Dann vielen, vielen Dank! Habe sehr viel gelernt. Ich werde viele Sachen probieren. Das mit dem Besteck hinlegen finde ich gut und einfach mal diesen... Ja, dass es ein bisschen kommunikativer wird auch das Essen, finde ich sehr gut. Vielen Dank.
Julia Baschnagel: Sehr gerne. Vielen Dank für Ihren Besuch.
Martin Hoffmann: Danke schön.
Martin Hoffmann: Mit ein paar Tipps kommt ihr definitiv gut über die Weihnachtszeit, ohne ins Foodkoma zu fallen. Das heißt zum Beispiel mal das Besteck weglegen und nicht permanent immer nur essen. So kommt ihr auch dann besser zu den 20 Minuten, bis das Sättigungsgefühl einsetzt. Vielleicht auch einfach den Teller selbst befüllen, wenn das irgendwie geht und vorher noch mal ein Gläschen Wasser trinken hilft definitiv. Und natürlich Bewegung davor und danach, immer eine gute Sache. Wie macht ihr das denn eigentlich über die Weihnachtsfeiertage? Richtig zuschlagen oder doch maßvoll genießen? Wir freuen uns immer über Anregungen und Themenvorschläge und natürlich auch über Kommentare von euch. Schaut dafür gerne mal bei uns auf unserem Instagram-Kanal @gesundnah vorbei. Mehr Informationen zu meiner heutigen Gesprächspartnerin findet ihr auch in den Shownotes. Und da gibt es dann auch Studien und weiterreichende Informationen zum Thema. Und wenn ihr gerne eine Bewertung dalassen möchtet, immer gerne - ihr wisst, wie das läuft. Wir freuen uns, wenn ihr das nächste Mal wieder dabei seid. Ich bin Martin Hoffmann. Wir hören uns.
Outro: GESUNDNAH - der Gesundheits-Podcast der AOK Baden-Württemberg.
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